Gesetzgeber plant Legalisierung der „Tax Law Clinic“

Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf eines “Gesetzes zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der steuerberatenden Berufe“ vorgelegt.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 12. Mai 2023 den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der steuerberatenden Berufe“ vorgelegt, der eine Änderung von § 6 des Steuerberatungsgesetzes plant und darin eine Erlaubnis von Tax Law Clinics vorsieht.

Der Referentenentwurf schlägt folgende Neuregelung des § 6 StBerG vor:

Ausnahmen vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen

(1) Das aus den §§ 2 und 5 folgende Verbot gilt nicht für (…)

2. die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht.

(2) Wer unentgeltliche geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen leistet, muss sicherstellen, dass die Hilfeleistung durch eine Person, die zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Hilfeleistung ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Hilfeleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.“

Nach der ausdrücklichen Begründung des Gesetzes sollen hierdurch auch „sogenannte ‚Tax Law Clinics‘ an oder im Umfeld von Hochschulen zulässig werden, bei denen zu Ausbildungszwecken unter Anleitung einer besonders qualifizierten Person altruistische Hilfeleistung in Steuersachen angeboten wird.

Der Referentenentwurf ist auf der Website des BMF abrufbar.

Die jahrelangen Bemühungen des VFS Hannover scheinen daher endlich zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen.

Hintergrund: Seit seiner Gründung im Jahr 2015 plant der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Hannover (VFS Hannover) die Errichtung einer Tax Law Clinic, also einer unentgeltlichen Steuerrechtsberatung für Studierende durch Studierende unter der Anleitung von Rechtsanwältinnen und -anwälten, Steuerberaterinnen und -beratern, um den Studierenden eigene praktische Erfahrungen zu ermöglichen.

Unentgeltliche Rechtsberatung durch Studierende im Rahmen sog. Law Clinics ist an den meisten Universitäten mit rechtswissenschaftlicher Fakultät – so auch in Hannover – üblich und äußerst gefragt. Das Steuerrecht ist von dieser Beratung jedoch ausgenommen, sodass unentgeltliche Steuerrechtsberatung nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) weiterhin unzulässig ist und sogar eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Der bisherige Wortlaut des im StBerG geregelten Verbots ist jedoch identisch mit dem ursprünglich für alle anderen Rechtsgebiete geltenden Verbot im früheren Rechtsberatungsgesetz (RBerG). Beide Gesetze stammen aus der Zeit des Nationalsozialismus und hatten die wirtschaftliche Vernichtung jüdischer Rechtsberater zum Ziel. Das im RBerG geregelte Verbot wurde im Jahr 2004 auf Betreiben des ehemaligen RiOLG Dr. Helmut Kramer durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig angesehen und in der Folge durch den Gesetzgeber abgeschafft. Seither sind nach § 6 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) unentgeltliche studentische Beratungen – außerhalb des Steuerrechts – erlaubt. Der VFS Hannover vertritt die Auffassung, dass das weiterhin bestehende Verbot einer unentgeltlichen Beratung auf dem Gebiet des Steuerrechts in seiner derzeitigen Form ebenfalls verfassungswidrig ist.

Der Verein hat in den letzten Jahren in zahlreichen Klageverfahren erfolglos versucht, seine Auffassung auch den Finanz- und Zivilgerichten durchzusetzen. Erst vor zwei Wochen hat der Bundesgerichtshof das Verbot der Tax Law Clinic damit gerechtfertigt, dass es der Sicherung des Steueraufkommens diene.

Mit dem nunmehr vorgelegten Referentenentwurf sollen die Regelungen des StBerG und des RDG angeglichen und die Einführung von Tax Law Clinics an deutschen Universitäten erlaubt werden.

Wir freuen uns über die neuen Entwicklungen!