VFS Hannover klagt gegen das Verbot einer unentgeltlichen Steuerrechtsberatung
Der VFS Hannover – der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover – möchte an der Leibniz Universität Hannover die erste Tax Law Clinic Deutschlands einrichten. Die Finanzverwaltung hält dies aber für unzulässig. Jetzt hat der Verein eine Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht erhoben.
Law Clinics oder Legal Clinics sind in Deutschland mittlerweile ein fester Bestandteil der Ausbildung an den meisten juristischen Fakultäten. Die dort stattfindende unentgeltliche Rechtsberatung durch Studierende unter Anleitung eines Rechtsanwalts bietet eine gute Möglichkeit, bereits im Studium das theoretisch Gelernte auch praktisch anzuwenden.
Die bestehenden Legal Clinics stützen sich auf § 6 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Danach sind unentgeltliche Rechtsdienstleistungen erlaubt, allerdings nur, wenn die Rechtsdienstleistung durch einen Volljuristen oder unter dessen Anleitung erfolgt. Aufgrund dieser Regelung können auch Studierende (ggf. im Rahmen eines Vereins) unter Anleitung eines Volljuristen unentgeltliche Rechtsdienstleistungen erbringen. Bereits seit 2010 gibt es deshalb an der Leibniz Universität Hannover die Legal Clinic, in der Studierende anderen Studierende etwa bei miet- oder arbeitsrechtlichen Fragen Hilfestellung leisten, seit 2015 existiert außerdem eine sehr engagierte Refugee Law Clinic, in der Studierende ratsuchenden Geflüchteten rechtlich zur Seite stehen. An anderen Universitäten bestehen studentische Law Clinics für Start ups, für Menschenrechte und sogar für Strafrecht.
Eine Tax Law Clinic, also eine unentgeltliche studentische Rechtsberatung im Steuerrecht existiert bisher noch nicht, obwohl es auch zahlreiche steuerrechtliche Fragen unter den Studierenden gibt. Der Errichtung einer Tax Law Clinic soll § 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) im Wege stehen, der im Steuerrecht neben dem RDG findet und nach dem die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden darf, die hierzu befugt sind. Befugt sind insbesondere Steuerberater und Rechtsanwälte und entsprechende Gesellschaften, nicht aber Studierende oder ein studentischer Verein, selbst wenn eine Anleitung durch Rechtsanwälte oder Steuerberater erfolgt. Dementsprechend haben das Niedersächsische Finanzministerium, die Steuerberaterkammer Niedersachen und zuletzt das für den Verein zuständige Finanzamt Hannover-Nord die Einrichtung einer Tax Law Clinic auf Anfrage des VFS Hannover unter Verweis auf diese Vorschrift als unzulässig angesehen.
Das Verbot des § 2 StBerG entspricht jedoch im Wesentlichen dem des früheren Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG), dessen enge Auslegung das BVerfG im Jahr 2004 im Hinblick auf die unentgeltliche Rechtsberatung durch berufserfahrene Juristen als verfassungswidrig angesehen hat (Beschluss vom 29. Juli 2004 – 1 BvR 737/00, www.bverfg.de). Anders als das RBerG, das infolge dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Jahr 2008 durch das liberalere RDG ersetzt wurde, wurden die Regelungen über die unentgeltliche Steuerberatung im StBerG, die wie das frühere RBerG aus der NS-Zeit stammen, bislang nicht geändert.
Der VFS Hannover ist der Auffassung, dass die Ausführungen des BVerfG zum RBerG in gleicher Weise für das StBerG gelten und hat daher nun beim Niedersächsischen Finanzgericht Klage gegen das dortige Verbot einer unentgeltlichen Steuerrechtsberatung mit dem Ziel der Feststellung eingereicht, dass der Verein im Rahmen einer Tax Law Clinic unentgeltliche Hilfe in Steuersachen durch Studierende unter Anleitung von Rechtsanwälten leisten darf.
Weitergehende Informationen zu der geplanten Tax Law Clinic und der Feststellungsklage erhalten Sie auf der Website des VFS Hannover unter https://vfs-hannover.de/projekte/taxlawclinic/. Für Fragen steht Ihnen der Vereinsvorsitzende Dr. Thomas Keß (thomas.kess@vfs-hannover.de) gerne zur Verfügung.
Die Pressemitteilung im PDF-Format kann hier abgerufen werden.