Jour Fixe des VFS bei Brandi Rechtsanwälte

“Teilselbstanzeige reloaded” – hinter diesen zwei Wörtern versteckte sich der steuerstrafrechtliche Fachvortrag, zu dem Herr RA/StB/FA für SteuerR und StrafR Rüdiger Hitz im Rahmen der regelmäßig stattfindenden “jour fixe” Veranstaltungsreihe des VFS Hannover e. V. am 27. Oktober 2016 in die heimischen Kanzleiräume von BRANDI Rechtsanwälte einlud. Ein Thema, das in den vergangenen Jahren wegen der Ankäufe von sog. Steuer-CDs und der Betroffenheit einiger deutscher Prominenter stets an Aktualität und Medienpräsenz gewann sowie für hitzige Debatten in der Politik und für schweißnasse Nächte bei einigen Steuerpflichtigen sorgte.

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Doch bevor es ans “Eingemachte” ging, gewährte uns Rüdiger Hitz einen Einblick in die Kanzleihistorie und stellte die anderen Köpfe des Steuer- und Wirtschaftsstrafrechts-Teams aus Hannover vor. So erfuhren wir, dass BRANDI Rechtsanwälte ihren Standort in der Adenauerallee erst seit März 2016 innehat und ein Schwerpunkt in der Beratung des Steuerstrafrechts nebst damit zusammenhängenden Steuerrecht ist.

Im Anschluss hieran folgte dann auch schon der von uns mit Vorfreude erwartete Vortrag.

Als Einleitung führte uns Rüdiger Hitz in die Geschichte der Selbstanzeige und in die Systematik des die Selbstanzeige regelnden § 371 der Abgabenordnung (AO) ein. Die Spotlights des geschichtlichen Rückblicks fielen sowohl auf den wegführenden Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Mai 2010 als auch auf die mit dem Beschluss einhergehende Novellierung der §§ 371 ff. AO. Der Wortlaut des § 371 AO erlaubte bis zur Novellierung im Jahre 2011 auch die Auslegung dahingehend, dass bei einer Teilberichtigung der steuerrechtlichen Angaben eine teilweise Straffreiheit eintritt. Der BGH entschied im benannten Beschluss, dass Straffreiheit nicht eintritt, wenn der Steuerhinterzieher von mehreren verheimlichten Auslandskonten nur diejenigen preisgibt, deren Aufdeckung er befürchtet. Vielmehr muss der Steuerhinterzieher, um in den Genuss der Straffreiheit zu kommen, hinsichtlich aller Konten „reinen Tisch“ machen (sog. Vollständigkeitsgebot). Diese Rechtsprechung nahm der Gesetzgeber zum Anlass, das Gesetz entsprechend anzupassen und verankerte die höchstrichterlichen Grundsätze in der Abgabenordnung. Dies hatte insbesondere zur Folge, dass eine strafbefreiende Teilselbstanzeige nicht mehr möglich war.

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Eine Ausnahme hiervon führte der Gesetzgeber ausschließlich für Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen wieder ein. Aufgrund der Vielzahl von Umsatzsteuer-Voranmeldungen in der Unternehmenspraxis wegen der Vielzahl von Geschäftsvorfällen innerhalb kürzester Zeitspannen kam es zu fehlerhaften Steueranmeldungen. Selbstverständlich können diese korrigiert werden. Eine solche Korrektur kann als wirksame Selbstanzeige gewertet werden. In solchen Fällen war eine Selbstanzeige bis Ende 2014 faktisch ausgeschlossen, da die Umsatzsteuer-Erklärungen der letzten zehn Jahre im vollen Umfang hätten berichtigt werden müssen. Dieses Problem erkannte der Gesetzgeber und hielt in § 371 Abs. 2a AO fest, dass die korrigierte Umsatzsteuer-Voranmeldung eine wirksame Teilselbstanzeige darstellt. Eine Korrektur sämtlicher Umsatzsteuer-Erklärungen der vergangenen zehn Jahre oder für auf die Korrektur nachfolgende Zeiträume ist nicht mehr erforderlich. § 371 Abs. 2a AO gilt nicht für Umsatzsteuer-Jahreserklärungen. Diese unterliegen weiterhin dem Vollständigkeitsgebot, sodass eine strafbefreiende Teilselbstanzeige nicht möglich ist.
Zu den Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige heißt es in § 371 Abs. 1 AO heute:

“Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.”

§ 371 Abs. 2 AO enthält eine enumerative Aufzählung von Ausnahmetatbeständen von der oben erwähnten Straffreiheit.

Erfüllt der Steuerpflichtige die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige, so kommt er in den Genuss der Straffreiheit wegen der begangenen Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten. Die Selbstanzeige stellt zugleich ein Strafverfolgungshindernis dar, § 398a AO. Ferner hat der reuige Steuersünder ab einem Hinterziehungsvolumen je Tat in Höhe von 25.000,00 € einen Zuschlag in Höhe von 10 bis 20 Prozent der hinterzogenen Steuer zu zahlen.

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Zum krönenden Abschluss mussten zwei prägende Bildnisse zweier bekannter Steuersünder für einen gelungenen Witz herhalten. Danach kamen die Veranstalter des Vortrags sowie die gespannt Zuhörenden – wie üblich – gemütlich zusammen und ließen den gelungenen Abend bei Getränken und Snacks entspannt ausklingen.

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Verfasser des Beitrags: Bastian Orlowski