2. Platz für das Team Hannover beim 8. Steuerrechts-Moot Court des Bundesfinanzhofs
Erst zum zweiten Mal nahmen Studierende unserer Fakultät am Steuerrechts-Moot Court Wettbewerb teil, der alle zwei Jahre von dem Bundesfinanzhof (BFH) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft (DStJG) abgehalten wird. Sie mussten eine Revisions- und Erwiderungsschrift für zwei bei dem BFH anhängige Rechtsstreitigkeiten verfassen. Betreut wurde das Team durch den steuerrechtlichen Lehrbeauftragten unserer Fakultät Dr. Thomas Keß mit Unterstützung des VFS Hannover.
Nach einem Bewerbungsverfahren im Dezember 2018 wurden Lena Heuer, Esra Karakoc, Sören von Kries, Dinah Krone, Vivien Schacherl und Alexander Stein für das Team unserer Fakultät ausgewählt.
Lena Heuer ist 23 Jahre alt und studiert im 7. Semester. Sie engagiert sich gerne in der Uni unter anderem als Erstsemestertutorin. Seit 2018 ist sie als Rechtsberaterin bei der Refugee Law Clinic tätig und engagiert sich in der Organisation des Vereins. Der Steuerrechts-Moot Court war bereits ihr 3. Moot Court.
Esra Karakoc ist 20 Jahre alt und studiert im 3. Fachsemester Rechtswissenschaften. Da der BFH-Moot Court keine Semester Beschränkung (oder Empfehlung) hat, dachte sie sich wegen ihrer Übermotiviertheit im 1. Semester: Warum nicht? Die Erfahrungen die sie durch die Schriftsatzphase und die Finalrunde gewonnen hat, schätzt sie über alle Maßen und würde jeden dazu ermutigen auch in frühen Semestern sich solchen vermeintlich großen Herausforderung zu stellen.
Sören von Kries ist 24 Jahre alt und studiert im 3. Fachsemester Rechtswissenschaften. Er absolvierte von 2014 bis 2017 das Studium zum Diplom Finanzwirten und arbeitete zwei Jahre im Finanzamt Hannover-Mitte. Durch die Teilnahme an dem BFH-Moot Court konnte er das Team mit seinem steuerlichen Wissen unterstützen und neue Erfahrungen in der mündlichen Verhandlung sammeln.
Dinah Krone ist 21 Jahre alt und studiert im 7. Semester Jura an der Leibniz Universität Hannover. Die Teilnahme am Steuerrechts-Moot-Court ist ihre erste juristische Erfahrung außerhalb des vorgesehenen universitären Programms. Sie bewarb sich, da sie besonders die Erschließung eines ihr unbekannten Rechtsgebiets in einem einheitlichen Team interessierte. In ihrer Freizeit spielt sie gerne Volleyball, trifft sich mit Freunden und leitet zur Zeit ein Erstsemester-Tutorium.
Vivien Schacherl ist 22 Jahre alt und studiert ebenfalls im 7. Semester Jura. Sie engagiert sich gerne in der Uni unter anderem als Erstsemestertutorin. Außerdem ist sie als Rechtsberaterin bei der Refugee Law Clinic tätig. Sie hatte zwar keine steuerrechtlichen Vorkenntnisse, aber konnte bereits Erfahrungen aus einem anderen Moot Court mitbringen.
Alexander Stein ist 24 Jahre alt und studiert während des Moot Courts im 7. Fachsemester Jura an der Leibniz Universität Hannover. Zur Teilnahme am Steuerrechts Moot Court hat ihn vor allem die Teamarbeit sowie die Nähe zur Praxis motiviert. Abseits des Studiums spielt Alexander gerne Fußball und ist im VFS Hannover aktiv.
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Da einige Teilnehmern über kein steuerrechtliches Vorwissen verfügten, entwickelte der VFS Hannover zur Vorbereitung auf den Moot Court ein Programm, um die erforderlichen Kenntnisse für die Erstellung der Schriftsätze zu vermitteln. So besuchte das Hannoveraner Team Ralf Thesing, einen versierten Steueranwalt aus der Kanzlei Schulze-Borges, der den Mooties die Grundlagen für die Erstellung einer finanzgerichtlichen Revisions- und Erwiderungsschrift vermittelte. Das materielle Steuerrecht wurde dem Team von Prof. Dr. Steffen Lampert, Leiter des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Osnabrück, näher gebracht. Mit diesem neu erlangten Wissen waren die Mooties nun im Stande, mit der Erstellung der ersten Revisionsschrift zu beginnen.
Ende Januar wurden die beiden Fälle ausgegeben. Es handelte sich um zwei tatsächlich beim BFH anhängige Revisionsverfahren. Die zuerst anzufertigende Revisionsschrift betraf das Verfahren IX R 22/18, in dem es um die Frage geht, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Hauses, das nicht der Einkünfteerzielung gedient hat, durch die Zuordnung des daraus erzielten Veräußerungserlös zum Erwerb einer zu vermieteten Eigentumswohnung, als sofort abzugsfähige Finanzierungskosten zu qualifizieren sind.
Der Präsident des Niedersächsischen Finanzgerichts Hartmut Pust hatte die Mooties als Praktikanten zugelassen, sodass sie jederzeit Zugang zum Fachgerichtszentrum, zur dortigen Bibliothek und zu einem ihnen überlassenen Arbeitsraum hatten. Dort arbeiteten sie intensiv an der Erstellung des Schriftsatzes für die erste Runde.
Während einer zweitägigen Klausurtagung im April in Torfhaus im Harz wurde über den ersten Entwurf und weitere Argumente und Gegenargumente diskutiert und eifrig an dem Schriftsatz gearbeitet. Zudem wurde der Aufenthalt abends zum ausgiebigen Teambuilding genutzt.
Pünktlich zur Abgabefrist reichte das Team seine Revisionsschrift beim BFH ein.
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Die Zwischenzeit bis zur Verkündung der Auswahlentscheidung über die Qualifikation für die Endrunde nutze das Team u.a. für die Teilnahme an einer vom VFS Hannover in der vorlesungsfreien Pfingstwoche organisierten dreitägigen Studienfahrt nach München. Dort besuchte es mit anderen Studierenden der Leibniz Universität Hannover den BFH, wo sie von einem der Richter des BFH, Prof. Dr. Matthias Loose, durch das Gebäude geführt wurden. Im Rahmen des Besuches hatten die Mooties außerdem die Möglichkeit, einer mündlichen Verhandlung des Bundesgerichts beizuwohnen.
Am 4. Juli 2019 wurden dann endlich die vier Teams der 13 teilnehmenden Universitäten bekanntgegeben, die es in die Finalrunde geschafft hatten. Zur großen Überraschung aller Beteiligten war neben der Ludwig-Maximilian-Universität München, der Bucerius Law School Hamburg und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg auch unser Team aus Hannover dabei. Dies ist auch deshalb beachtenswert für das Team unserer Fakultät, da Hannover als einziger Teilnehmer über keinen steuerjuristischen Lehrstuhl verfügt.
Nach den vielen Glückwünschen, unter anderem auch von unserer Fakultät, setzten sich die Studenten eifrig an die nächsten drei Schriftsätze. Es war nunmehr die Revisionserwiderung zu dem ersten Verfahren zu fertigen. Außerdem waren eine Revisionsschrift und eine Erwiderung zu dem Verfahren III R 9/18 zu erstellen. In diesem ging es um die Ermächtigungsgrundlage für die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an einer beim Steuerpflichtigen durch das Finanzamt durchgeführten Außenprüfung.
Nach pünktlicher Abgabe der letzten Schriftsätze simulierte das Team eine mündliche Verhandlung vor dem Niedersächsischen Finanzgericht und nahm an einem spezialisierten Rhetorik- und Auftrittstraining mit einem erfahrenen Coach teil.
Nachdem die Mooties Anfang Oktober 2019 die Schriftsätze der übrigen Finalteams erhalten hatten, arbeiteten sie diese gründlich durch, diskutierten die Argumente und entwickelten Gegenargumente.
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Vom 9. bis 11. Oktober ging es nach München, wo die vier Finalteams im Gebäude des Bundesfinanzhofs in simulierten mündlichen Verhandlungen vor einer Jury gegeneinander antraten.
Die letzten Tage vor der Abfahrt nach München nutzten die Mooties zur Erstellung der Anfangs- und Schlussplädoyers für Revisionskläger und -beklagten in beiden Verfahren. Auch während der Bahnfahrt nach München und im Hotel bereiteten sie sich auf die Verhandlungen vor.
Am darauffolgenden Tage trafen die Teams im großen Sitzungssaal des BFH erstmals aufeinander. Nach einer Begrüßung durch den Präsidenten des BFH Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff stellte er die diesjährige Jury vor, die neben ihm aus dem Vorsitzenden Richter des III. Senats am BFH Prof. Dr. Stefan Schneider, dem Leiter der Steuerabteilung im Bayrischen Finanzministerium Ministerialdirigent Volker Freund, RA/StB Dr. Dirk Pohl und Prof. Dr. Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg bestand.
Nach einem kleinen Imbiss und einem Gespräch mit Prof. Dr. Mellinghoff wurden die gegeneinander verhandelnden Teams durch Auslosung bekannt gegeben. Für den ersten Fall traten zuerst Heidelberg und München und später Hannover gegen Hamburg an. Den Teams wurden eigene Beratungsräume zur Verfügung gestellt, in welchem unsere Mooties sich noch vor der Verhandlung auf die Gegenseite vorbereitet haben.
Die mündliche Verhandlung wurde Prof. Dr. Mellinghoff als Vorsitzender des Jurysenats eröffnet. Er führte auch mit dem Sachbericht in den Fall ein. Anschließend mussten zunächst die Hamburger als Vertreter der Revisionsklägerin , dann die Hannoveraner als Vertreter des revisionsbeklagten Finanzamts die jeweiligen Begründungen ihrer Schriftsätze vortragen. Diesen Part übernahm am ersten Tag Alex. Hieran schloss sich – anders als in einer normalen Revisionsverhandlung – kein Streitgespräch zwischen den Beteiligten, sondern eine Art Prüfungsgespräch an. Prof. Dr. Mellinghoff und die anderen Mitglieder der Jury stellten Fragen zu dem Revisionsfall, die von den Hamburgern und uns zu beantworten waren. Zum Schluss war ein kurzes zusammenfassendes Plädoyer zu halten. Dieses übernahm Vivien.
Im Anschluss an diese Verhandlung erfolgte ein gemeinsames Abendessen der Teams und der Jury im Hofbräuhaus. Bei diesem berichtete Prof. Dr. Kirchhof von seiner Zeit als Lehrstuhlvertreter an der juristischen Fakultät der Universität Hannover.
Am nächsten Morgen wurden die Paarungen für die letzte mündliche Verhandlung ausgelost. Hannover wurde erneut in den zweiten Durchlauf gelost und musste dieses Mal gegen das Team Heidelberg antreten, mit dem man sich schon im gemeinsamen Hotel ein wenig angefreundet hatte, während Hamburg und München zuerst aufeinandertrafen. Wie bei der ersten Verhandlung mussten unsere Mooties wieder als Vertreter des Finanzamtes auftreten. Dieses Mal übernahm Vivien die einführende Begründung des Schriftsatzes und Lena das Plädoyer.
Obwohl die Mitglieder unseres Teams mit ihrer Leistung durchaus zufrieden waren, waren sie bei der Siegerehrung umso überraschter, dass Hannover den zweiten Platz erlangen konnte. Die Hannoveraner hatten die Jury wohl durch ihre durchaus unkonventionelle, aber bestimmte und überzeugende Art überzeugen können. Prof. Dr. Mellinghoff hob explizit hervor, dass die Leistung unserer Teilnehmer insbesondere wegen des fehlenden Steuerrechtslehrstuhls an unserer Fakultät besonders beachtlich sei.
Der Ablaufplan des Durchgangs 2018/19 ist Ihr hier abrufbar.
Wer Interesse an einer Teilnahme am nächsten Durchgang des Steuerrechts-Moot Courts hat, kann sich gerne schon jetzt bei uns melden!