VFS Hannover plant Start von Deutschlands erster Tax Law Clinic für 2021

Bei seiner gestrigen Sitzung hat der Vorstand des VFS Hannover – Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover – beschlossen, im Laufe des nächsten Jahres in Hannover Deutschlands erste Tax Law Clinic zu starten.

Hintergrund: Der VFS Hannover hat das Ziel, das Steuerrecht am Standort Hannover und insbesondere im juristischen Studium an der dortigen Leibniz Universität zu fördern. Zu diesem Zweck plant er seit seiner Gründung die dortige Einführung einer Tax Law Clinic, also einer unentgeltlichen Steuerrechtsberatung, die von Studierenden für Studierende unter Anleitung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten durchgeführt wird.

Zwar ist eine solche unentgeltliche Rechtsberatung auf dem Gebiet des Steuerrechts – anders als auf allen anderen Rechtsgebieten – nach dem Wortlaut des § 5 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) unzulässig und stellt danach eine Ordnungswidrigkeit dar. Der Wortlaut des Verbots ist jedoch identisch mit einem für alle anderen Rechtsgebiete geltenden Verbot im früheren Rechtsberatungsgesetz (RBerG), das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr 2004 als verfassungswidrig angesehen und daher vom Gesetzgeber in der Folge abgeschafft wurde. Seither sind nach § 6 des Rechtsdienstleistungsgesetzes unentgeltliche studentische Beratungen – außerhalb des Steuerrechts – erlaubt und an den deutschen Universitäten auch im Rahmen von Law Clinics verbreitet. Der VFS Hannover ist daher der Auffassung, dass das weiterhin bestehende Verbot einer unentgeltlichen Beratung auf dem Gebiet des Steuerrechts in seiner derzeitigen Anwendung ebenfalls verfassungswidrig ist.

Eine vorherige Klärung dieser Rechtsfrage wurde dem Verein durch die Finanzgerichte jedoch verwehrt. Eine entsprechende Feststellungsklage hatte das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 5. März 2019 (6 K 298/18) als unzulässig abgewiesen. Mit Beschluss vom 30. September 2020 (VII B 96/19) hat der Bundesfinanzhof diese Entscheidung bestätigt und entschieden, dass die Durchführung einer unentgeltlichen Steuerrechtsberatung trotz eines möglicherweise drohenden Bußgeldes zumutbar ist und gerichtliche Schritte erst gegen anschließende repressive Maßnahmen der Finanzverwaltung erfolgen können. Dazu führt der BFH aus, die erfolgten Hinweise des Finanzamts auf die Möglichkeiten einer Zurückweisung als Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren oder eines Bußgeldverfahrens enthielten keine Androhung. Das Finanzamt stelle lediglich klar, dass es sich um mögliche Konsequenzen handele und diesen regelmäßig eine Belehrung oder ein entsprechender Hinweis vorausgehe.

Weitere Informationen zu der Tax Law Clinic und den ergangenen Entscheidungen finden Sie auf der Website des VFS Hannover.

Gründe für die Entscheidung des VFS Hannover: Bei seiner Sitzung, die gestern online unter Beteiligung von Vorstandsmitgliedern der Studentischen Vereinigung im VFS Hannover, der beiden Prozessbevollmächtigten in den finanzgerichtlichen Verfahren RA/FAStR Henning Schröder und RA/StB Jens Röhrbein (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH) sowie dem wissenschaftlichen Berater des Vereins Dr. Christian Deckenbrock von der Universität zu Köln stattfand, besprach der Vorstand des VFS Hannover die Handlungsoptionen nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

Die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs wurden als gering eingeschätzt, zumal nicht absehbar ist, wann eine Entscheidung erfolgen wird, und auch im Fall eines Erfolges beim Bundesverfassungsgericht in der Sache nichts gewonnen wäre.

Der Vereinsvorstand sieht sich damit durch die beiden Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts und des Bundesfinanzhofs gehalten, den Start der Tax Law Clinic nunmehr zu veranlassen, ohne dass die Verfassungswidrigkeit ihres Verbotes im Vorfeld gerichtlich festgestellt werden konnte, da sich die Gerichte einer angestrebten Klärung dieser Frage verweigert haben.

Die Tax Law Clinic soll daher Im Laufe des Jahres 2021 gestartet werden. Einzelheiten dazu werden zeitnah bekannt gegeben.